Den Neuen Wiener Stimmen wurde am Donnerstag die Ehre zuteil, am Lisztfestival in Raiding zu debütieren. Ein fulminanter Tag im Burgenland ließ trotz grauem Herbstwetter nichts zu wünschen übrig: Viel Freude mit den Chorkolleg*innen und ein vielfältiges Programm überstrahlten den Tag. Ein Bericht über frühe Vögel, graue Herbsttage und zwei klangvolle Konzerte von Malin Meier und Victoria Grinzinger.

Früh am Morgen, aber doch voll jugendlicher Energie

Bekanntlich fängt der frühe Vogel den Wurm. Eine andere weit verbreitete Ansicht zu diesem Thema besagt allerdings, dass der frühe Wurm einen Vogel hat. Zu welcher Variante die Mehrheit der Neuen Wiener Stimmen tendierte, als sie am Donnerstag den 29. 10. um 07:30 die beiden Busse nach Raiding bestieg, bleibt unserer Vorstellungskraft überlassen. Das frühe Aufstehen machte sich allerdings spätestens um 12:30 bezahlt, als unser erstes Konzert am Vormittag von rund 300 Schüler*innen begeistert bejubelt wurde. Der sprichwörtliche Wurm war somit gefangen und etwaiger Schlafmangel vollends verkraftet.

Das obligatorische Bühnen-Selfie des Pop-Programms beim Schülerkonzert in Raiding.

Eingebettet in die beliebten Pop-Songs der vergangenen Saison präsentierten die Neuen Wiener Stimmen den jugendlichen Zuhörer*innen des Schülerkonzerts auch das „Zigeunerleben“ von Robert Schumann und „Drei Zigeuner“ von Franz Liszt in einer Bearbeitung von Herwig Reiter. Spätestens bei „Sunny“ ging dann zumindest im Konzertsaal die Sonne auf, auch wenn der herbstliche Oktobertag leider eher „foggy“ blieb (ein solches Lied findet sich allerdings nicht im Neue Wiener Stimmen Repertoire). In diesem Fall sollte aber weniger von Themenverfehlung als von Optimismus gesprochen werden. Schließlich hoffte man zum Zeitpunkt des Schülerkonzerts noch auf einen strahlend-bunten Herbstspaziergang in der Nachmittagspause.

Diese wurde von einem köstlichen Mittagessen eingeleitet. Herbstliche Kürbislasagne, Rote Rüben Risotto und Gulasch mit Semmel sowie ein abschließender Kaffee sollten den Sänger*innen zu neuen Energien verhelfen. Einige setzten sich danach mit Stimmgabel und Noten in den Speisesaal, um gemeinsam noch die Lieder des kommenden Konzerts durchzusingen. Andere wollten einen Spaziergang durch Raiding wagen, die musikalische Atmosphäre aufnehmen oder den Wald auskundschaften, bis der gesamte Chor sich um 16.00 Uhr zur Stellprobe auf der Bühne versammeln sollte. Durch die überraschend große Bühne des Franz Liszt Konzertsaals wurde diese rasch gemeistert, ohne dass sich Mitglieder gegenseitig die Sicht verstellten.

Herbstlicher Spaziergang in der Nachmittagspause.

Die frühen Vögel werden zu Nachteulen

Um 19:30 war es dann schließlich soweit: Nach letzten Vorbereitungen fand das große Abendkonzert statt. Dieses stand ohne Zweifel im Zeichen der Vielseitigkeit der Neuen Wiener Stimmen.

Die erste Hälfte des Konzerts erfüllte den Rahmen eines typischen Liszt-Festival-Konzerts mit klassischen Stücken von Mendelssohn („Entlieh’ mit mir“, „Es fiel ein Reif“ und „Auf ihrem Grab“) über Brahms („Waldesnacht“), Whitacre („Five Hebrew Love Songs“) und Schumann („Zigeunerleben“) natürlich zu Liszt („Drei Zigeuner“), neu interpretiert durch Herwig Reiter 2010, der dem Konzert auch beiwohnte. Die Programmpunkte fanden beim Publikum großen Anklang. Tosender Applaus, freudige Rufe und lächelnde Gesichter ließen darauf schließen, dass die konzentrierte und genießende Stimmung von der Bühne in den Zuschauerraum übergegangen war.

„Drei Zigeuner“ von Franz Liszt beim abendlichen Konzert. Foto: Franz Liszt Festival.

Im zweiten Teil des Konzerts wurde ein Best-Of des Programms des letzten Semesters, „NWS goes Pop – Let us entertain you“, wiedergegeben. Auch dieser Teil wurde mit Begeisterung seitens des Publikums belohnt, das rhythmische Klatschen verlangte nach einer Zugabe. Coldplays „Viva la Vida“ war der krönende Abschluss eines stimmungsvollen Konzerts. Der Chor stellte sich in einem großen Halbkreis in den Publikumsraum und so konnte sich jede*r Zuschauer*in direkt auf eine*n Sänger*in konzentrieren, was allen Personen im Konzertsaal ein persönliches Gefühl verlieh.

Sängerinnen der Neuen Wiener Stimmen im poppigen Outfit für den zweiten Teil des abendlichen Konzerts.

Wie im siebten Himmel fühlten sich alle Sänger*innen – der erfolgreiche Tag musste natürlich gefeiert werden. Im Bus zurück nach Wien konnten noch letzte Energien und Stimmgewalt mobilisiert werden. So entstand einmal mehr ein privates Neue Wiener Stimmen Buskonzert, in dem Lieder aus dem Programm noch einmal gemeinsam geträllert wurden. Von den Neuen Wiener Stimmen für die Neuen Wiener Stimmen sozusagen – und natürlich für den Busfahrer. Gesungen  wurde an diesem Tag also vom frühen Morgen bis in die späte Nacht. Unser Fazit: Würmer lassen sich um jede Uhrzeit fangen. Entwarnung also für alle Nachteulen und frühe Vögel.

Mitwirkende:

Neue Wiener Stimmen
Leitung: Christoph Wigelbeyer und Jürgen Partaj

Angelika Moskal – Violine
Clemens Boigner – Violoncello

Instrumentalisten der Neuen Wiener Stimmen:
Valentina Kaiser, Peter Aschauer – Klavier
Nikolaus Mandlburger – Bass
Lukas Theiner – Percussion

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