Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie ist eines der populärsten Werke der klassischen Musik. Ihr letzter Satz wurde als „Ode an die Freude“ zur offiziellen Europahymne. Soweit so bekannt. Weniger bekannt ist, dass es um Haaresbreite keine Chorbeteiligung in Beethovens 9. Sinfonie gegeben hätte. Oder, dass Leonard Bernstein die Sinfonie zum Fall der Berliner Mauer kurzerhand auf „Ode an die Freiheit“ umdichtete. Eine kurze Geschichte Beethovens letzter vollendeter Sinfonie.
Wir schreiben das Jahr 1823: Sinfonien werden seit zwei Jahrhunderten geschrieben. Sinfonien sind ausschließlich Instrumentalwerke. Ludwig van Beethoven arbeitet in der Endphase an seiner 9. Sinfonie. Seit drei Jahrzehnten wird er von der Absicht begleitet, Friedrich Schillers „An die Freude“ zu vertonen. Skizzen zufolge entschloss sich Beethoven dennoch erst sehr spät dazu, Schillers Gedicht tatsächlich in die 9. Sinfonie einzubauen. Noch 1823, kurz vor der Fertigstellung, erwog er, ein „finale instromentale“ zu wählen. Nicht ohne Grund: Als erste sogenannte Sinfoniekantate war Beethovens 9. eine große Innovation die nicht nur auf Gegenliebe stieß. In Deutschland, Frankreich und England fehlte es nicht an abfälligen Urteilen. Beethoven habe sogar noch nach der Uraufführung überlegt, das Chorfinale gegen einen rein instrumentalen Schlusssatz auszutauschen.
Wie wir wissen, hat Beethoven diese Absicht nicht umgesetzt. Zum Glück! Ohne Schillers Worte hätte seine letzte Sinfonie wohl ihren Menschen und Nationen vereinenden Charakter nicht erlangt.
Stationen einer einenden Sinfonie
1985, hundert Jahre nach der erstmaligen Veröffentlichung von Schillers „An die Freude“, wurde die Instrumentalfassung des Hauptthemas aus dem letzten Satz von der Europäischen Gemeinschaft zur offiziellen Europahymne ernannt. Begründung ist, dass die Sinfonie Werte versinnbildlicht, die alle teilen. Außerdem symbolisiere Beethovens 9. die Einheit in der Vielfalt. Eine Botschaft, die heute ebenso aktuell wie in den Jahren 1786 und 1985 ist.
Deine Zauber binden wieder
Was die Mode streng geteilt;
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
Im Dezember 1989 ließ Leonard Bernstein anlässlich des Falls der Berliner Mauer Beethovens 9. Sinfonie erklingen. Besungen wurde hierbei aber nicht die „Freude“, sondern die „Freiheit schöner Götterfunken“, die mit dem Mauerfall zurückgewonnen worden war.
Auch heute noch stützt Beethovens Neunte politische Aktionen: Eine Kundgebung der deutschen Partei AfD wurde 2015 durch die wiederholte Darbietung der Sinfonie auf den Treppen des Mainzer Stadttheaters gestört.
Gemeinsamkeit der Nationen
Beethovens Musik ist universell, egal, wo in der Welt – sie spricht zu allen Menschen.
(Daniel Barenboim)
Auf diese Weise hat Beethovens Sinfonie einen Siegeszug um die Welt hingelegt. Stalin bezeichnete sie als „die richtige Musik für die Massen“, die „nicht oft genug aufgeführt werden kann“. Ganz Russland wurde daraufhin zur Beethoven Fanbase.
Auch in Asien genießt die 9. Sinfonie einen besonderen Stellenwert. Die erste Aufführung erfolgte nach dem ersten Weltkrieg in einem japanischen Kriegsgefangenenlager. Deutsche Kriegsgefangene spielten sie zu ihrer Freilassung. Seit 1983 organisiert der private Hörfunk- und Fernsehsender MBS Aufführungen mit einem 10.000-köpfigen Chor in Osaka. Auch Laien bekommen dabei die Möglichkeit, den einenden Gedanken durch ihren Gesang in die Welt zu tragen.
Seit 18 Jahren leitet dieses Projekt der Dirigent Yutaka Sado. Was uns wieder ins Hier und Jetzt bringt, denn in wenigen Tagen haben die Neuen Wiener Stimmen die Ehre, mit Yutaka Sado und 400 weiteren Sänger*innen das Finale der 9. Sinfonie Beethovens im Goldenen Saal des Musikvereins erklingen zu lassen. Möglich macht es das Tonkünstler-Orchester. Bereits 2016 beglückten sie unter Leitung Yutaka Sados mit 500 Chorsänger*innen das ausverkaufte Auditorium Grafenegg mit Beethovens letzter vollendeten Sinfonie.
„Seid umschlungen, Millionen“ – SO 22. April 2018, 15.30: Wien Musikverein, Großer Saal – Infos und Tickets
Außerdem geben wir Beethovens 9. gemeinsam mit der Jugendchorakademie Wien und dem Akademischen Symphonie Orchester der Wirtschaftsuniversität unter der Leitung von Dirigent Witolf Werner zum Besten:
„9. Sinfonie Beethoven“ – SA 28. April 2018, 19:30 & SO 29. April 2018, 18.30: LC Forum des WU Campus Wien – Karten im Vorverkauf bei allen Mitwirkenden sowie an der Tageskasse Konzertinformationen und Reservierungen unter 0664 / 95 37 220
Titelbild: Werner Kmetitsch.